Von Anfängen und Träumen
Diese Geschichte markiert meinen ersten Schritt in die Schreibwelt – ein unbeholfener, aber leidenschaftlicher Anfang, der den Grundstein für meine heutige Autorinnenreise legte. Unverändert bleibt sie ein Zeugnis meiner Anfänge und ein liebevolles Erinnerungsstück an die ersten funkelnden Funken meiner Schreibkunst.
EINSAME HERZEN
Mona West
Fanfiction nach einer Romanvorlage von Stephenie Meyer
Die goldenen Flammen züngelten sich durch das Geäst und fraßen sich langsam ihren Weg hinauf zu dem weißen Leinenstoff. Unaufhaltsam verschlangen sie alles, was ihnen dargeboten wurde. Ich stand völlig neben mir und starrte wie durch einen Schleier auf die Brandstätte, auf der die sterbliche Hülle meines geliebten Ehemannes lag. Mir war eiskalt und ich fühlte mich in diesen Moment so einsam wie noch nie. Leise Tränen liefen über meine Wangen, die seit Tagen nicht versiegen wollten. „Er hatte ein gutes und langes Leben.“ Raunte mir meine Mutter zu. Ihre Stimme klang brüchig und matt. Sie hatte in den vergangenen Tagen genauso viel geweint wie ich. „Jacob wird immer einen Platz in unseren Herzen haben.“ Flüsterte mein Vater und rieb mir sanft den Rücken. Ich schaute meinen Vater an und lächelte traurig. „60 Jahre. Sag mir wie lang ist lang genug?“ Mein Vater verzog sein makelloses Gesicht zu einem traurigen Lächeln und gab mir zu verstehen, dass er darauf keine Antwort hatte. Ich sah in die kleine Runde. Alles zeitlose Geschöpfe, siebzig Sommer die mein Dasein nun zählte hat sich kein einziger von ihnen verändert. Auch ich nicht. Der einzige, der in unseren Reihen alterte war Jacob. „Wird mein Herz irgendwann wieder leichter?“ fragte ich leise. Mein Vater drückte meine Hand „Wenn dein Herz für Neues offen ist, wird es auch leichter.“
56 Jahre später:
Mein Vater kam gerade mit den letzten Umzugskartons durch die Tür unseres neuen Zuhauses. Eigentlich war es kein neues Haus. Dieses Gebäude hatte schon mehr als einhundert Jahre auf dem Buckel und war das Haus in dem ich geboren wurde. Ich bin kein gewöhnliches Mädchen und meine Familie ist es ebenso wenig. Ich mag aussehen wie ein 17 jähriges Mädchen, aber ich bin es nicht. Mein Name ist Renesmee Carlie Cullen und ich bin 128 Jahre alt und wir sind Vampire. Nach meiner Geburt, bei der meine Mutter starb und als Vampir neugeboren wurde, entwickelte ich mich in einem rasanten Tempo. Körperlich wie auch Geistig wuchs ich in nur sieben Jahren zu einer jungen Erwachsenen heran. Ich bin halb Mensch und halb Vampir und nun wieder zurück in Forks, wo die Liebesgeschichte meiner Eltern begann.
„Nessi aufstehen.“ Rief meine Grandma Esme aus der Küche im Untergeschoss. Ich drehte mich auf die andere Seite und zog die Decke über den Kopf. Im Gegensatz zu meinen restlichen Familienmitgliedern brauche ich meine tägliche Dosis Schlaf und die war mit 4 Stunden eindeutig zu kurz ausgefallen. Ich hatte noch bis spät in die Nacht mein Zimmer eingerichtet und nun bereute ich meinen Datendrang. Meine Augen wollten sich einfach nicht öffnen. Nach gefühlten 5 Sekunden Dämmerschlaf zog mir jemand die Decke weg und stellte mich auf die Füße. „Oh nein meine Liebe, du stehst jetzt auf.“ rief mein Vater. Es war eine Mischung aus Lachen und Vorwurf. Anscheinend hatte ich meine Aufwachphase ein wenig überzogen. Heute waren alle ein wenig angespannt, denn es war unser erster Schultag. Ich fuhr zusammen mit meinen Eltern Bella und Edward und meinem Onkel Jasper. Im zweiten Wagen saßen meine Tanten Alice und Rosalie und Emmet mein anderer Onkel. Natürlich gingen unsere wahren Verwandtschaftsverhältnisse niemanden etwas an, denn Vampire lebten normalerweise nicht unter Menschen. Für alle anderen waren wir die Adoptivkinder von meinen Großeltern Esme und Carlisle.
Die Größe unserer Familie würde schon mehr als genug Aufsehen erregen. Sicherheitshalber wurden in verschiedenen Jahrgangsstufen untergebracht. Ich besuchte als einzige von uns Sieben das vorletzte Schuljahr der Junior High School. Jasper und mein Vater kamen in den letzten Jahrgang der Junior High, ebenso meine Mutter und Alice. Allerdings hatten sie andere Kurse. Emmet und Rosalie sahen schon etwas älter aus und fingen mit dem 1. Jahr auf der Senior High an. Meine Mutter lächelte mich aufmunternd an. Diese Situation war für mich nichts neues. Ich hatte meinen Abschluss schon zig Mal gemacht. Dennoch war es dieses Mal etwas anderes, denn hier in Forks begann alles, hier begann mein Leben.
„Uff hier hat sich einiges verändert“ sagte meine Mutter und verrenkte sich fast den Hals als mein Vater in eine Parklücke steuerte. „Die Zeit bleibt nicht stehen“ lachte er und lief um den Wagen um meiner Mutter die Tür zu öffnen. Ich schnappte mir Tasche und Tablett und stieg aus dem Auto. Die Luft war kühl und feucht. Der Dunst des Morgens lag über dem alten Gemäuer der Forks High School. Durch die Wolken drang kein einziger Sonnenstrahl. Optimale Bedingungen für meine Familie.
Während meine Eltern auf die anderen warteten ging ich langsam über den Schulhof und inspizierte die Lage. Die Kleiderordnung verlangte in dieser Epoche mal wieder Schuluniformen. So hatten alle ein einheitliches schick aus weiß und bordeaux rot an. Überall standen die Schüler in kleinen Grüppchen und verdrehten sich die Hälse nach den Neuankömmlingen, also nach meiner Familie. Man konnte genau sehen, welche die Beliebten waren, welche die Nerds und wer zu den Sportlern gehörte. Anfangs war es mir wichtig zu den Beliebten zu gehören. Am liebsten Cheerleader, aber das brachte nur Probleme, denn Freunde bedeuten auch neugierige Fragen. Also blieben wir doch lieber unter uns.
Als ich in die Klasse kam waren schon eine Menge Schüler anwesend. Etwas verloren stellte ich mich neben das Lehrerpult und wartete auf den Unterrichtsbeginn. Meine neuen Mitschüler sahen immer wieder zu mir. Einige lächelten mich verhalten an und andere tuschelten. Ich sah mir die fremden Gesichter unverhohlen an und prägte sie mir ein. Ein blondes Mädchen kam auf mich zu. Sie war etwas größer als ich und hatte ein offenes und warmes Lächeln. „Hi ich bin Tina.“ Erleichtert nahm ich die mir angebotene Hand und lächelte zurück. „Renesmee.“ Tina zog eine Augenbraue hoch „Ein interessanter Name. Neben mir ist noch frei, wenn du möchtest…“ Tina sah mich abwartend an und ich nickte zustimmend. Nach einigen Minuten schien die Neugierde zu meiner Person fürs erste gestillt und um mich herum nahmen sie wieder ihre Gespräche auf.
Der Unterricht dauerte schon 10 Minuten, da öffnete sich die Tür und ein Junge erschien im Türrahmen. Der Lehrer schüttelte missbilligend den Kopf „Oh Max es ist ja wunderbar, dass du uns heute doch noch mit deiner Anwesenheit beehrst.“ Ich sprang von meinem Stuhl auf und keuchte. „Jacob.“ Rings um mich fingen die Schüler an zu tuscheln und zu lachen. Max schaute zu mir und verzog den Mund zu einen schiefen Grinsen. Er schlenderte an mir vorbei und setzte sich direkt auf den freien Platz hinter mir. Mr. Burns schaute mich fragend an und ich konnte nur eine fadenscheinige Entschuldigung hervorbringen. Die Hitze stieg in meinen Kopf und meine Brust krampfte sich zusammen. Ich bekam keine Luft und rannte aus dem Raum. Im Flur ließ ich mich an der Wand nieder und steckte den Kopf zwischen die Beine. Mr. Burns kam aus der Klasse und hockte sich zu mir. „Alles in Ordnung?“ fragte er besorgt und tätschelte mir den Handrücken. Ich holte tief Luft und merkte wie sich der Knoten in meiner Brust langsam wieder löste. Ich schaute meinen Lehrer an und nickte. „Danke, es geht schon.“ Mr. Burns drückte meine Schulter und redete beruhigend auf mich ein. „Bleib noch einen Moment sitzen. So ein neuer Tag kann ganz schön verwirrend sein.“ Als ich wieder allein war, rappelte ich mich auf und linste durch das kleine Fenster in der Tür, die zu meiner Klasse führte. Da saß er. Ein Ebenbild von Jacob. Ich dachte, ich hätte es mir nur eingebildet, aber dieser Junge sah aus, wie eine jüngere Version meines Ehemannes. Ich holte tief Luft und öffnete die Tür. Langsam ging ich zu meinen Platz und vermied es Max anzuschauen. Als ich bei meinem Stuhl angelangt war, schaute Max zu mir hinauf. Mir stockte der Atem, mein Puls raste und meine Handflächen wurden feucht. Er sah nicht nur aus wie Jacob, er war Jacob.
Die nächsten 5 Unterrichtsstunden wagte ich es nicht mich auch nur einmal umzudrehen. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Meine Atmung hatte ich auf ein Minimum herunter gefahren. Als die Neue mit Schnappatmung in die Schulgeschichte einzugehen, darauf hatte ich keine große Lust. Tina war anfangs ein wenig über mein Verhalten irritiert. Als ich nur noch einsilbig auf ihre Fragen antwortete, zog sie eine Schnute und überlies mich meinen eigenen Gedanken.
Das ersehnte Läuten zum Ende der letzten Stunde nahm ich dankend an. Ich klemmte mein Tablet unter den Arm und verlies fast fluchtartig den Raum. Orientierungslos lief ich im Laufschritt durch die Flure. Trepp rauf und Trepp runter. „So groß ist doch diese scheiß Schule nicht.“ Murmelte ich verärgert über meinen fehlenden Orientierungssinn. Als ich um die nächste Ecke bog, knallte ich gegen eine muskulöse Brust, die in einem schwarzen Rollkragenpullover steckte. Der vertraute Geruch stieg mir sofort in die Nase. Ich wusste in wen ich da hineingerannt war, bevor ich in die braunen Augen sah. „Entschuldige“ japste ich und meine Stimme war jämmerlich kleinlaut. Max musste mich für eine Irre halten. Aber wie sollte er auch wissen, warum er mich so aus der Fassung brachte. Jacob war die Liebe meines Lebens und er verbrachte 76 Jahre an meiner Seite. Vom Tag meiner Geburt bis zu seinem 95. Sommer, der sein letzter sein sollte. Max fasste mich bei den Schultern und drückte mich sanft von sich. Ich spürte jeden seiner Finger wie brennende Glühfäden auf meiner Haut. Auf seinem Gesicht lag wieder dieses schiefe Grinsen, das ihn außerordentlich attraktiv machte. Sein Lächeln wirkte nicht amüsiert, sondern einfach nur nett. Ich drückte mich an ihm vorbei und beschleunigte meine Schritte um endlich aus dieser Schule herauszukommen. Am Ausgang traf ich auf meine Eltern und sie nahmen mich in ihre Mitte. Kommentarlos liefen wir zu unseren Autos.
Meine Mutter drehte sich auf dem Beifahrersitz zu mir um und schaute mich besorgt an. „Harter Tag was?“ Ich sah gedankenverloren aus dem Fenster und lies die Landschaft an mir vorbei ziehen ohne irgendetwas wirklich wahrzunehmen. „Und er sieht wirklich aus wie Jacob?“ fragte meine Mutter mit einem hauch Skepsis in der Stimme. Ich legte ihr meine Hand auf den Arm und lies die Bilder von Max und Erinnerungen von Jacob zu ihr durch. Meine Mutter keuchte überrascht als ich meine Hand wegnahm. „Deine Gabe ist stärker geworden. Du sendest nicht nur Bilder mein Kind. Ich habe deutlich deine Liebe zu Jacob und deine Verwirrung dem Jungen gegenüber gespürt.“
Die nächsten beiden Tage meldete ich mich krank. Ich wollte mich in mein Zimmer verkriechen um irgendwie aus der Situation schlau zu werden. Meine Mutter riet mir nach La Push zu fahren um irgendetwas von Jacobs Nachfahren über Max herauszubekommen. Doch Jacob hatte weder Geschwister noch Kinder, wie sollte da also ein Nachfahre entstanden sein. Ich suchte im Internet. Max schien ein ganz normaler Teenager zu sein. Er kam mit seinem Stiefvater vor 5 Jahren aus dem Bundesstaat Washington nach Forks. Seine Mutter hatte neu geheiratet als Max 7 Jahre alt war. Sie stammte aus Quebec Kanada und war eine Abénaki aus Nordamerika. Anscheinend verschwand sie vor einigen Jahren und ließ Max mit seinem Vater allein. Tatsächlich kannte niemand in La Push meinen neuen Mitschüler und auch nicht seine Mutter.
Am 3. Tag war ich schon früh in der Klasse. Es machte keinen Sinn sich weiter verrückt zu machen. Das Schicksal schien ein merkwürdiges Spiel mit mir zu spielen und ich war bereit dieses Spiel mitzuspielen. Max kam auch an diesen Tag zu spät. Die Lehrerin strafte ihn mit einem missbilligten Blick, sagte aber nichts. Max schlenderte an mir vorbei und sein würziger Duft nach Sanddornholz stieg mir in die Nase. Nach der 4. Stunde stieß Tina mich freundschaftlich in die Seite „Er gefällt dir was?“ Ich lief prompt rot an. Oh mein Gott, war es so offensichtlich, dass ich Max beobachtete? Ich räusperte mich und stellte mich unwissend. „Was? Wen meinst du?“ Tina lächelte mich wissend an. „Max meine ich. Wann immer es dir möglich ist, sind deine Augen auf ihn geheftet.“ Ich merkte wie die Hitze in meine Ohren stieg. Nicht einmal jetzt konnte ich cool bleiben. Tina war nett zu mir, warum nicht. Ich wagte einen kleinen Vorstoß. „Ja er ist ganz süß. Weißt du etwas über ihn?“ Tina grinste mich schief an und schüttelte den Kopf. „Max ist ein Buch mit sieben Siegeln. Beinahe jedes Mädchen war schon in ihn verliebt oder ist es noch. Aber der Typ lässt niemanden an sich ran. Man sieht ihn immer nur allein. Die Cooler Rebell Typ – ich lass niemanden an mich ran – Masche hat er jedenfalls bestens drauf.“ Ich runzelte die Stirn. „Keine Freundin?“ Tinas lächeln wurde breiter „Nicht das ich wüsste, aber an dem beißt du dir die Zähne aus.“ Bei dem Wortspiel musste ich grinsen. „Das werden wir ja sehen“ murmelte ich.
Die Pausen verbrachte ich mit meiner Familie. Ich war mit Alice in eine hitzige Diskussion vertieft, so dass wir das erste Klingelzeichen glatt überhörten. „Oh Mist, ich komme zu spät.“ Entschuldigte ich mich und flitzte los. „Hoppla, du hast es aber eilig.“ Diese Stimme, würde ich unter tausenden wieder erkennen. Wieder hatte ich einen fast Zusammenprall mit Max. Dieses Mal waren es allerdings nur unsere Schultern, die sich im Weg standen. Ich schaute erschrocken in sein schönes Gesicht. Zum ersten Mal sah ich Max wirklich. Er hatte wundervolle dunkelbraune Augen und für seine 16 Jahre schon sehr männliche Gesichtszüge. Es passte alles. Das markante Kinn, die feinen Bartstoppeln, die ausgeprägten Wangenknochen, selbst seine kleinen Sommersprossen, die sich leicht von seiner rostbraunen haut abhoben, waren identisch. Dennoch war er definitiv nicht Jacob. Seine Mimik und Gestik war eine andere und die tiefe samtene Stimme war auch nicht dieselbe. Jetzt erst registrierte ich, dass wir uns gegenseitig anstarrten. Als hätte die Zeit einige Sekunden stillgestanden. Max brach als erster den Bann und räusperte sich. Er schaute sich suchend um und bückte sich nach einem Ordner der mir aus der Hand gerutscht war. „Äh… ich glaube der gehört dir.“ Ich konnte meinen Blick immer noch nicht von seinem Gesicht lösen und griff blind nach dem Ordner. Als sich unsere Hände berührten sog ich scharf die Luft ein und lies sie nicht mehr aus den Lungen. Diese Berührung elektrisierte mich. Eine fast vergessene Wärme zog sich durch meinen Körper und füllte ihn vollständig aus. „Äh… ja… also ich muss gehen.“ Stammelte Max und lies mich abrupt stehen. Er musste dasselbe gefühlt haben. Er musste diese Verbundenheit gespürt haben. Ich drehte mich mechanisch nach ihm um und blickte ihm nach. Er hatte die Hände in den Taschen, die Schultern eingezogen und lief eilig den Flur hinunter. Bevor er in den nächsten Flur abbog, drehte er sich noch einmal zu mir um und ich musste mich daran erinnern wieder Luft zu holen.
Nun war es Max der mich in den nächsten Tagen nicht mehr aus den Augen lies. Wo ich auch hinging, er schien immer da zu sein. Alice lächelte mich beim Mittagessen an. „Ihr seit für einander bestimmt. Ich habe es gesehen.“ Prophezeite sie mir und lächelte mich vielsagend an. „Oh wie schön, hat dir das Orakel auch gesagt, wie ich ihn ansprechen soll?“ frotzelte ich. Alice lächelte unbeeindruckt und meinte „Das ergibt sich.“ Ich schaute frustriert von Alice zu Max und packte mein unberührtes Sandwich zurück in die Tasche. „Ich muss los, wir haben Sport.“ Diese Stunden waren für mich nur durch pure Willenskraft zu ertragen. Da ich die vampirischen Gene meines Vaters besaß, war ich natürlich stärker und schneller als alle anderen. Ich musste an mich halten um auf Lowlevel herunterzufahren. Bloß nicht auffallen war die Devise. Normalerweise hatten Jungen und Mädchen getrennt Unterricht, jedoch nicht an diesen Tag. Einer der Lehrer war krank. Wir liefen auf der feuchten Aschebahn unsere Runden. Die Luft war kühl und leichter Nieselregen den der Nebel absonderte, legte sich wie ein Schleier auf meine Haut. Vor mir lief Max. Ich hielt schon eine geraume Zeit immer den selben Abstand und betrachtete das Spiel seiner Muskeln auf dem Rücken. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich um und sah mir finster in die Augen. Mein Herz machte einen Hüpfer und ich verlangsamte meine Schritte. „Das muss aufhören.“ Forderte er, als ich bei ihm ankam. Ich sah ihn irritiert an und runzelte die Stirn. “Aufhören? Was?“ keuchte ich und tat so, als wäre ich vom Dauerlauf völlig aus der Puste. „Das… dieses gucken. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen ich habe inzwischen ein Loch im Rücken.“ Überrumpelt von seiner Offensive schnappte ich nach Luft, dieses Mal wirklich. „Ich habe keine Ahnung wovon du redest.“ Max sah mich spöttisch an „Das weißt du genau. Hör auf mir nachzurennen, hör auf mich anzuhimmeln. Ich habe kein Interesse.“ Er drehte sich um und lief weiter. Wie vor den Kopf gestoßen stand ich einige Sekunden da und musste erst einmal verarbeiten was er da eigentlich gesagt hatte. Was bildete sich dieser dieser dieser… Oh ich wurde verdammt wütend. Ich beschleunigte meine Schritte und holte ihn ein. Der Nebel war inzwischen so dicht geworden, dass man keine 3 Meter weit schauen konnte. Wütend packte ich Max am Arm und riss ihn zu mir herum. Ich hatte einen Moment nicht aufgepasst und meine ganze körperliche Kraft eingesetzt. Ich hätte Max mit dieser Aktion von den Füßen reißen müssen oder ihm gar den Arm brechen können. Völlig entsetzt über meine Unbeherrschtheit hielt ich inne. Doch Max hatte sich weder den Arm gebrochen noch lag er neben mir im Gras. Er stand wie eine Mauer vor mir. „Was zum Henker…“ grollte er. Ich fasste mich schnell und überspielte das eben geschehene. Mutig ging ich noch einen Schritt auf ihn zu und blaffte ihn an „Was bildest du dir ein? Du stellst mich hin als wäre ich deine Stalkerin? Du hast mich in den letzten Tagen genauso wenig aus den Augen gelassen. Gib doch zu, das da irgend etwas ist.“ Wir hörten die Laufschritte der Anderen und gingen automatisch weiter auf den Rasen. „Egal was da ist oder was du dir einzubilden glaubst, das da etwas wäre. Ich bin kein Mensch für Beziehungen. Also lass es.“ Den letzten Satz sagte er sehr deutlich. Ich schnappte wieder nach Luft. „Wer redet denn von Beziehungen? Hast du da nicht ein, zwei Schritte übersprungen?“ fragte ich und schaute ihm direkt in die dunklen Augen. Max fuhr sich entnervt durch die Haare, die dadurch wirr abstanden und ihm einen verwegenen Ausdruck verliehen. Er winkte ab und lief weiter. Ich zog ihn wieder am Arm. „Nun warte doch.“ Er schaute mich an. In seinem Gesicht zeichneten sich so viele Emotionen ab, die ich nicht zuordnen konnte. Er wirkte gereizt, gequält und auch hin und hergerissen. „Renesmee glaub mir, ich bin nicht gut für dich.“ Dieser Mensch machte mich wahnsinnig. „Seit wann entscheidest du, was gut für mich ist. Ich mag dich, ja. Ich möchte dich kennen lernen, ja. Was ist so schlimm dabei. Und sag mir nicht, daß du kein bisschen neugierig auf mich bist. Deine Augen sagen etwas anderes.“ Oh mein Gott hatte ich das gerade gesagt? So forsch kannte ich mich gar nicht. Ich merkte wie mir die Röte in die Ohren stieg und hoffte, dass meine Haare diese Verräter versteckten. Max schien einen Moment über meine Worte nachzudenken und lächelte mich schließlich an. Er hatte wieder dieses schiefe Lächeln das ich so mochte. „Du bist sehr offen was deine Gefühle angeht. Bist du immer so?“ „Find es heraus.“ Gab ich schnippisch zurück. „Hörzu Renesmee. Du bist ein wunderschönes, süßes Mädchen und ja jeder Kerl wäre blind und blöd, wenn er sich nicht irgendwie zu dir hingezogen fühlen würde. Aber bei mir ist es etwas anderes. Ich kann nicht.“ Ich sah ihn tapfer in die Augen und schluckte den Klos der sich in meiner Kehle gebildete herunter. Er sollte meine Enttäuschung nicht auch noch sehen. „Ok, wenn das dein letztes Wort ist, werde ich dich nicht mehr belästigen.“ Ich lief an ihm mit hoch erhobenen Hauptes vorbei und bahnte mir den Weg über den Rasen zur Schule.
In den nächsten Tagen zwang ich mich Max vollkommen zu ignorieren und mehr mit meiner neuen Freundin Tina abzuhängen. Tina war eine wahre Frohnatur und eine waschechte Klatschtante. Sie wusste über alles und jeden bescheid und fütterte mich mit Informationen. Als ich an der Salatbar meinen Teller mit mini Mörchen und Gurkescheibchen bestückte, kam Tina von hinten an mich heran und flüsterte mir ins Ohr. „ Also wenn eure Vereinbarung noch anhält, dann wohl nur einseitig. Seit du dich mit dem Kerl aus der Oberstufe unterhalten hast, lässt dich Max nicht mehr aus den Augen.“ Ich musste einen Moment überlegen welchen Typen Tina eigentlich meinte. „Was wollte denn der gute Kevin von dir?“ Ah Kevin hieß er also. Mich hatten in den letzten Tagen einige Oberstufenschüler angesprochen aber keiner weckte wirklich mein Interesse. „Er hat mich zum Abschlussball eingeladen, aber ich habe abgesagt.“ Antwortete ich. Tina Pfiff anerkennend durch die Zähne. „Meine Güte, hast du ein Glück. Es ist wie ein Sechser im Lotto, wenn ein Mädchen aus unserem Jahrgang angesprochen wird. Der Ball ist das absolute Highlight des Schuljahres.“ Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern und schob meine Karotten auf dem Teller hin und her. „Ist mir egal.“ „Nun Max scheint es nicht egal zu sein. Er hat Kev mit seinen Blicken fast aufgespießt und nun taxiert er dich mit Blicken.“ Flüsterte sie, nahm sich eine Karotte von meinem Teller. Ich stöhnte frustriert auf. „Das ist ja gut und schön Tina, aber er hat mir ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass er nichts von mir will und das war wirklich mehr als deutlich.“ Tina biss in ihre Karotte und lächelte mich feixend an. „Nun meine Liebe das war vor 3 Tagen nicht war? Vielleicht hat er gemerkt, dass er einen Fehler gemacht hat. Aber wehe du wendest dich ihm zu. Zeig ihm die kalte Schulter und flirte mit anderen Typen. Der bleibt nicht lang in der Defensive. Das spüre ich.“ Ich musste lachen, wenn auch nur verhalten. „Tina Devon die Wahrsagerin und Liebesbotin.“ Tina stimmte in mein Lachen mit ein „Stets zu Diensten Madame“ kicherte sie und hakte sich bei mir unter während wir zu unseren Tisch zurück gingen. „Ich wagte einen Blick in Max´s Richtung und tatsächlich, er schaute mir unverwandt in die Augen. Ein wohliges Kribbeln machte sich mal wieder in meinem Magen breit. Tina saß mir gegenüber und stocherte in ihrem Salat. „Du könntest ja heute zum Spiel gehen und dabei rein zufällig Kevin anfeuern. Max ist im selben Team wie Kevin und wenn er das mitbekommt…“ Tina grinste mich vielsagend an. Ich schüttelte den Kopf. „Das kommt nicht in Frage. Ich spiele die Jungs nicht gegeneinander aus.“ Tina stützte mit der linken Hand ihren Kopf und blies sich die langen Ponyfransen aus dem Gesicht. „Du spielst sie doch nicht gegeneinander aus. Du nutzt die Waffen einer Frau.“ Ich beugte mich weiter über den Tisch und fragte. „Ach, wenn ich einen Jungen benutze nur um einen anderen eifersüchtig zu machen, dann ist das kein Ausspielen? Nee Tina das ist nicht meine Art.“ Mein Gegenüber verzog etwas beleidigt ihren hübschen Mund zu einen Flunsch und schaute an mir vorbei. Ich wusste, das sie Max ansah der einige Meter hinter mir stand. Ich spürte schon die ganze Zeit seine Blicke auf mir ruhen. „Und was machen wir dann mit Max?“ fragte Tina „WIR machen gar nichts. Wenn Max wirklich Interesse zeigen sollte, wird er wohl selbst die Initiative ergreifen müssen.“
Zu Hause angekommen warf ich meine Tasche auf das Bett und tigerte nervös im Zimmer auf und ab. Dieser Tag war scheinbar ein weiterer in einer endlosen Kette von beschissenen Tagen. Die Erinnerungen an Jacob waren seit Max´s auftauchen so präsent, dass es weh tat. Doch wenn ich an Max dachte, dachte ich nur an Max. Trotz der verblüffenden Ähnlichkeit zu Jacob hatte Max viele Eigenheiten. Ich sah in Max ausschließlich Max. Er hatte seine eigenen Züge. Dieses verdammt sexy schelmische Lächeln. Seine Art, wie er die Stirn kraus zog, wenn er nachdachte oder seine Augenbraue anhob. Er hatte in allen Einzelheiten seine eigene Körpersprache. Sein katzenhafter Gang oder wie er lässig an einer Wand gelehnt dastand, oder wie er sich auf einen Stuhl fläzte. Aber das auffälligste war sein Duft. Er hatte einen ganz besonderen Duft, irgendwie würzig und holzig süßlich-herb. Ich war innerlich zerrissen und fragte mich immer wieder wen ich eigentlich wollte. War es nur das Optische? Dies spielte mit Sicherheit auch eine Rolle. Wäre mir Max aufgefallen, wenn er anders ausgesehen hätte? Max hatte etwas an sich, wogegen ich mich nicht wehren konnte. Er zog mich auf eine unnatürliche Weise an und ich wollte ihn kennen lernen. Ich wollte hinter seine Fassade schauen, die er so beharrlich aufrecht hielt.
Ich öffnete mein Fenster und kletterte nach draußen auf den Fenstersims. Die Luft war klar und roch nach Wald. Langsam lichtete sich das Wirrwarr in meinem Kopf. Ich sog tief die Luft ein und witterte das Blut eines jungen Rehkitz. Galant ließ ich mich 5 Meter in die Tiefe fallen. Katzenartig landete ich geräuschlos auf dem weichen Moos und folgte der verführerischen Duftnote. Ich wurde immer schneller und meine Sinne konzentrierten sich in diesen Moment voll und ganz auf die Jagt. Kein Gedanke der mich stören könnte, hatte in diesen Augenblick Platz in meinem Kopf. Ich fühlte mich seit einer Woche mal wieder frei und leicht. Nach wenigen Minuten konnte ich die kleine Rehfamilie im Unterholz grasen sehen. Ich suchte mir das kräftigere der beiden Kitze als Ziel und pirschte mich näher heran. Plötzlich drehte der Wind und das Muttertier nahm meine Witterung auf. Die Jagt war eröffnet. Ich flog regelrecht zwischen den Bäumen her und ließ mein Ziel nicht aus den Augen. Noch 3 Armlängen und das warme Blut durfte meine Kehle hinunter fließen. Das Reh war schnell aber ich war schneller. Mit einem geübten Klammergriff brachte ich das Tier zu Fall und rammte meine Zähne in dessen Halsvene. Das süße warme Nass ließ meine Sinne explodieren. Ich trank und war Seelig. Ein leises Knacken im Unterholz lies mich aufhorchen. Ich schaute mich um. Der Wald war nur noch ein Schatten voller Bäume. Es drang kaum noch Licht durch die dichten Baumwipfel. Wieder ein Knacken. Ich sog tief die Luft ein und nahm einen vertrauten Geruch wahr. Eine Gestalt huschte zwischen den Bäumen hindurch und entfernte sich von mir. Ich ließ von meiner Beute ab und lief los. Er war schnell, sehr schnell sogar. Ich steuerte eine andere Richtung an, denn diesen Wald kannte ich besser als jeder andere. Nach einigen Minuten kletterte ich auf einen Baum und legte ich mich auf die Lauer. Ich brauchte nicht lange warten. Der Wind stand günstig und ich konnte seinen Duft wieder aufnehmen.
Max schlich durch die Bäume und schaute sich immer wieder suchend um. Als er genau unter mir stand, lies ich mich herunter fallen und stieß ihn zu Boden. Ich hätte mit allen gerechnet aber nicht mit seiner Kraft und Wendigkeit. Eben noch hatte ich die Oberhand und im nächsten Moment lag ich unter ihm. Meine Arme wurden von zwei Schraubzwingen an den Boden getackert. Ich strampelte und wehrte mich. „Verdammt Max lass los“ keuchte ich. Er riss mir das Cap vom Kopf und seiner Grimmigkeit wich Verwirrung „Was zum Henker“ schimpfte Max als er mich erkannte. Immer noch verärgert ließ er von mir ab. Ich kroch rücklinks von ihm weg und ging in Verteidigungshaltung. „Was machst du hier?“ fragte er gepresst. Ich sah ihn mit zusammen gekniffenen Augen an „Das könnte ich dich auch fragen.“ Er sah mir in die Augen. „Spazieren gehen“ antwortete Max und blieb todernst. „Ja klar und ich ziehe mir die Hose mit der Kneifzange an.“ Für wie blöd hält er mich? „Also was machst du hier im Dunkeln?“ fragte Max noch einmal „Jagen?“ Es war mehr eine Frage als eine Antwort. „Was jagst du? Harmlose Spaziergänger?“ fragte Max und da war es wieder dieses unverschämt sexy schiefe Lächeln. „Harmlos? Du hast mir fast beide Arme gebrochen.“ In meinem Tonfall konnte man deutlich den Vorwurf hören. Ich ging langsam auf ihn zu und fing an ihn zu umkreisen. Auch Max ließ mich nicht aus den Augen. „Du bist stark, sehr stark was bist du?“ ging ich in die Offensive. Max schien auf diese Frage nicht vorbereitet. Einen Moment schien er mit sich zu hadern was er sagen sollte. „Nun du lebst doch mit einer Horde Vampiren zusammen, kannst du dir diese Frage nicht selber beantworten?“ Das er so offensichtlich über meine Familie sprach brachte mich ein wenig ins Schleudern. „Du bist kein Vampir.“ Stellte ich fest. „Du doch auch nicht, nicht zu 100 % jedenfalls.“ Max kam langsam auf mich zu und ich lief genauso langsam rückwärts, bis mich die harte Baumrinde einer Buche aufhielt. Max näherte sich immer weiter bis uns nur noch Zentimeter trennten und ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. „Dein Blut riecht etwas anders aber es könnte noch als menschlich durchgehen. Es riecht süß mit einem hauch Vanille.“ Ich hielt den Atem an und wagte es nicht auch nur einen Millimeter zu weichen. Da war wieder diese Anziehungskraft die meine Glieder lähmten. „Du riechst auch nicht schlecht. Holzig und ein bisschen süß.“ Max strich zart mit seinem Zeigefinger von meiner Schläfe bis zu meinem Kinn. Seine Berührung ging mir durch und durch. In meinem Magen flatterten aufgeregt tausende von Schmetterlingen. „Das nehme ich als Kompliment“ raunte er. „Bist du immer noch der Meinung, dass du nicht gut für mich bist?“ fragte ich und spürte seinen warmen Atem an meinem Ohr. „Ja der Meinung bin ich immer noch. Aber was zählt das schon. Ich kann seit Tagen nur noch an deine rehbraunen Augen denken.“ Dieses Geständnis lies mein Herz einen freudigen Hüpfer machen. „Du hast mir immer noch nicht gesagt wer du bist.“ Flüsterte ich. „Ich bin der Mensch, der mit dir durch die Ewigkeit gehen könnte.“ Flüsterte er. Ich schaute in seine wunderschönen dunklen Augen und kannte bereits die Antwort. Er war ich und ich war er. Ich legte meine Hände auf seine breite Brust und er senkte seinen Kopf und legte seine Lippen sanft auf meine.